Ökologische Bedeutung

Rebhuhn, Rainfarn und Radler: Wer braucht eigentlich Wegränder?

Wegraine können, eine gewisse Mindestbreite und Strukturvielfalt vorausgesetzt, vielfältige Funktionen erfüllen. Innerhalb der Agrarlandschaft zeichnen sich Säume durch besondere Charakteristika aus:

  • Eine dauerhafte Vegetationsbedeckung
  • Keine direkte Düngung und Behandlung mit Pflanzenschutzmitteln
  • Keine Nutzung
  • Eine extensive Pflege

Lebens- und Rückzugsraum

Rund 1000 Pflanzenarten und mindestens ebenso viele Tierarten können in Deutschland in Weg- und Feldrainen vorkommen. Beeindruckende Zahlen. Aber: Kaum eine dieser Arten kommt ausschließlich in Säumen vor. Wegraine sind typische Rückzugsgebiete für Arten, denen es woanders genauso gut oder sogar besser gefallen würde. Die Bedeutung von Rainen wächst umso mehr, je stärker das Umland an Lebensräumen einbüßt. Wiesenpflanzen retten sich auf der Flucht vor zu viel Dünger ebenso in den Wegrain wie Wildbienen oder Schmetterlinge, denen anderswo die Blüten fehlen. Feldhasen nutzen die Deckung, die ihnen bei der immer früheren Wiesenmahd und Feldernte fehlt. Insekten überwintern in abgestorbenen Pflanzenstengeln der Saumvegetation.

Anzahl der Arten verschiedener Artengruppen in NRW mit Haupt- und Nebenvorkommen in Säumen (Quelle: LANUV, Ökologische Flächenstichprobe): Pflanzen: 1190, Spinnen: 370, Stechimmen: 205, Vögel: 82, Säugetiere: 40, Heuschrecken: 25, Amphibien/ Reptilien: 20

Biodiversität

Das Belassen von Feld- und Wegrändern ist laut Biodiversitätsstrategie NRW „eine dauerhafte Maßnahme zur qualitativen Verbesserung in Agrarlandschaften“. In der zwischen dem Land NRW und der Landwirtschaft geschlossen Rahmenvereinbarung zur Förderung der Biodiversität in der Agrarlandschaft heißt es:

„Der naturschutzgerechten Pflege von Wegrainen kommt gerade in ackerbaulich geprägten Regionen eine wichtige Rolle bei der Förderung der Biodiversität zu. Der landwirtschaftliche Berufsstand wird durch geeignete Maßnahmen über die Bedeutung von Wegrainen für den Naturhaushalt informieren und Hinweise für eine dem Naturschutz dienliche Pflege von Wegrainen (z. B. Mahd ab dem 15.06.) in die Praxis kommunizieren.“

Vernetzungskorridore

Für das langfristige Überleben von Tier- und Pflanzengemeinschaften ist ein genetischer Austausch nötig, der in der von Verkehrsadern zerschnittenen Landschaft häufig nicht mehr gegeben ist. Für Amphibien, Reptilien, Kleinsäuger und viele andere Lebewesen sind Wegraine wie Zebrastreifen, über die sie gefahrlos von einem Lebensraum in einen anderen gelangen können.

Naturerlebnis

Wie sähe eine Landschaft ohne bunte Wegraine aus? Wenn keine kleinen Blütenknöpfchen des Rainfarns mehr da sind, um Schwebfliegen anzulocken und keine Schnecke mehr unseren Weg bei einer Fahrradtour kreuzt? Ein bunter Wegrain bedeutet oftmals Naturerlebnis vor der Haustür. Mit allem, was dazugehört: Farbenpracht für die Augen, Summen für das Ohr und eine Vielfalt der Düfte für die Nase.

Das sagt der Gesetzgeber:

Vom Bundesnaturschutzgesetz bis zum Pflanzenschutzgesetz: Wer Wegraine überackert, mit Herbiziden spritzt oder abflämmt, verstößt gegen mehrere Gesetze. Der Gesetzgeber schützt die Säume nicht nur, er setzt sich auch für ihre Neuanlage ein. So heißt es in §21 des Bundesnaturschutzgesetzes: „Auf regionaler Ebene sind insbesondere in von der Landwirtschaft geprägten Landschaften zur Vernetzung von Biotopen erforderliche lineare und punktförmige Elemente, insbesondere Hecken und Feldraine sowie Trittsteinbiotope, zu erhalten und dort, wo sie nicht in ausreichendem Maße vorhanden sind, zu schaffen (Biotopvernetzung). (§21 BNatschG)